Eine Reise in die Interior-Design-Welt
Wann haben Sie das letzte Mal einen Tisch gestreichelt? An einer Wand gerochen? Oder einer Schublade beim Schließen zugehört? Noch nie? Dann empfehlen wir Ihnen, den Showroom des Interior Designers Patrick Treutlein in Meerbusch zu betreten. Aber Vorsicht: Es könnte Ihnen hier so gut gefallen, dass Sie nicht mehr zurück in Ihre eigenen vier Wände wollen.
Patrick Treutlein empfängt in seinem Konferenzzimmer auf der Dorfstraße 13 in Meerbusch. Auf den ersten Blick ein funktionaler Raum, wie man ihn schon öfter gesehen zu haben glaubt: ein großer Tisch in der Mitte, Sessel drumherum, ein Videoscreen an der Wand. Auf den zweiten Blick … müssen die Worte aussetzen … weil die Sinne einsetzen …
Nachdem man auf einem komfortablen John-Hutton-Armchair mit silberdurchwirktem Bicolorbezug Platz genommen hat, gleitet die Hand unwillkürlich über die Tischplatte, die vollständig mit schiefergrauem Rindsleder bezogen ist. „Kein deckgefärbtes, totes Leder wie bei Autositzen“, erläutert Treutlein, „sondern ein offenporiges, organisches Leder, das je nach Beanspruchung 20 bis 40 Jahre strukturstabil bleibt.“ Unter dem Leder liegt eine zwei Millimeter dünne „Armaturkaschierung“. Fest genug, um als Schreibunterlage zu dienen. Weich genug, um die Schreibhand immer wieder zu verleiten, von ihrer Pflicht abzusehen und die Tischhaut zu streicheln. So lange, bis Patrick Treutlein die Aufmerksamkeit auf die Wand lenkt, die ebenfalls komplett in Leder eingekleidet ist. Im Trendton greige, einer Mischung aus Grau und Beige. Das Leder ist auf unterschiedlich breite Holzplatten gespannt, die an den Rändern leicht abgeschrägt sind, „so ensteht eine Dreidimensionalität in den Raum hinein“. Der Blick wandert weiter auf die markante Maserung an der Ecke eines Panels: „Das kommt von der Innenfalte unterm Bein, da arbeitet die Kuh. Diese Marmorierung ist bei uns kein Zufall, sondern ein bewusst eingesetztes Stilelement.“ Nach wenigen Minuten ist man im Herzen der treutleinschen Design-Philosophie.
Diese Philosophie hat Patrick Treutlein vor 21 Jahren aus seinen eigenen Händen geboren, in einer kleinen Garage in Düsseldorf Benrath. „Klingt wie ein Klischee, ist aber wahr“, sagt er, „ich hatte kein Geld, da hab ich mich für einen kleinen Obolus bei einem Restaurator im Jugendstilviertel eingemietet und meine Werkstatt in einer unbeheizten Garage begonnen.“ Vorher durchlief der Sohn eines Meerbuscher Textilgroßhändlers eine klassische Einzelhändlerausbildung im Traditionseinrichtungshaus Fausel, Biskamp, wurde dann Raumausstatter und studierte anschließend Diplom-Einrichtung an der Möbelfachschule Köln. „Dieser Mischmasch hat in mir die Saat gelegt.“ Aus ihr erwuchs der Wunsch, „das Handwerk zu verfeinern“. Erster Verfeinerungsakt: ein alter, nicht mehr lieferbarer Art-déco-Sessel, den sein Kunde gerne ein zweites Mal gehabt hätte. Der Restaurator bildete die Sichtholzanteile nach, Treutlein übernahm die Polsterarbeiten. Sein erster Kunde nimmt rundum zufrieden in seinem neuen Unikat-Dublikat Platz. „Genau genommen, ist das in einem ganz kleinen Rahmen exakt das, was wir heute im Großen machen“, sagt Treutlein.
Im Großen heißt: in der eigenen Manufaktur auf der Nikolaus-Otto-Straße 4 in Meerbusch. Wie sich diese sukzessive aus der kleinen Garage herausschält, liest sich wie ein modernes Märchen mit Happy End im Schloss: Die Garage auf der Sophienstraße in Benrath wird schnell zu klein. Neue Räume werden nach und nach angemietet. Sechs an der Zahl: für Polsterei, Näherei, Tischlerei, Lager, Ladenlokal und Verwaltung. Zwischen ihnen pendelt Treutlein mehrmals täglich hin und her, „auch bei Schnee und Regen“. Nach fünf Jahren beendet er den „Zickzackkurs“ und zieht in eine Industriehalle in Holthausen, wo er alle Gewerke bündelt. Mit an Bord: sein erster Arbeitgeber Fausel, Biskamp, der inzwischen ein Wettbewerber ist. „Da haben zwei Konkurrenten, die genau das Gleiche machen, eng zusammengearbeitet und es hat wunderbar funktioniert, weil man fair miteinander umgegangen ist“, sagt Treutlein. Die Kooperation dauert bis heute an. Nach weiteren zehn Jahren wachsen Treutleins Ansprüche allerdings über den Hallenrand hinaus. Zeit auszuziehen, um das Heimkommen zu lernen! 2012 findet er eine hochwertige Immobilie in Osterrath, nur 50 Meter von seinem Elternhaus entfernt, und baut sie zur hochmodernen Möbelmanufaktur um. Der Kreis schließt sich, ein Traum wird wahr: Aus der One-Man-Show in der Garage ist eine 48-Mitarbeiter-Revue für ganzheitliches Interior Design auf höchstem Niveau geworden.
Grundfleiß gehört dazu. Aber man muss im Leben auch Glück gehabt haben.
Treutlein, Interior Designer
Man ist an Hans im Glück erinnert, mit umgekehrtem Plot. Während Hans seinen Klumpen Gold schlussendlich gegen einen Stein tauscht, veredelt Treutlein nach und nach alles, was er hinzugewinnt: „Wir sind in kleinen Schritten nach vorne gegangen, haben die Substanz, die wir eingenommen hatten, immer wieder reinvestiert. Und das tun wir heute noch.“ Dann resümiert er: „Planbar ist das alles nicht. Grundfleiß gehört dazu. Ich arbeite jeden Tag, inklusive Samstag, von circa sieben bis sieben. Aber man muss im Leben auch Glück gehabt haben.“ Zu diesem Glück tragen viele fleißige Hände bei: Innenarchitekten, Raumplaner, Textildesigner, Näher, Polsterer, Dekorateure und Monteure. Sie setzen Treutleins Ausstattungsideen in höchster handwerklicher Perfektion um. Er nennt es: „die Individualität konkretisieren“. Dazu werden im Vorfeld intensive Gespräche mit jedem Kunden geführt. Dann wird alles Detail für Detail um dessen Persönlichkeit herumgebaut. Um die Schnittpunkte zu finden, in denen Mensch und Raum miteinander verschmelzen, zieht Treutlein alles heran, was in der Designwelt Rang und Namen hat. „Wir haben weit über 700 exklusive Marken im Angebot – von Lacroix über Gaultier bis Hermès.“ Salopp ausgedrückt: „Wir laufen uns wie doll die Füße platt, um die neuesten Dinge für unsere Kunden zu finden. Was der Markt nicht hergibt, produzieren wir selbst.“
Für den neugierigen Besucher strebt das Märchen jetzt seinem Höhepunkt zu: dem Einzug ins Schloss, das heute Showroom heißt. Statt sich „die Füße platt zu laufen“, werden die Besucher auf fein strukturiertem Velours in Gefilde aus 1001 Designwelt entführt: unter messingfarbenen Skulpturen „des besten europäischen Lichtdesigners“ William Brand van Egmond hindurch, zu einer Regalrarität namens LIBELLE aus der italienischen Edelschmiede Baxter – „das gibt’s so in Deutschland nur ein Mal!“ –, vorbei an dunkel gebeizten Mooreichen-Panelen, die um ein Luxusbett aus den Schramm-Werkstätten gepflanzt wurden, hinein in ein Ankleidezimmer, das selbst vollständig eingekleidet ist, in feinsten Leinenstoff. Bis hin zu einer Kommode, die außen und innen mit geprägtem Rochenleder bespannt ist, „abgenäht wie eine Hermès-Handtasche“. Wer austreten muss, wird von einer italienischen Muse empfangen, die als mattglänzendes Bisazza-Mosaik das Gäste-WC ziert u.s.w.e.s. – und so weiter, edler, schöner!
Nur der Eames Chair – im guten Düsseldorfer Einrichtungshaus oft das Highlight der Ausstellung -– fristet hier ein fast unbemerktes Eckdasein in der seltenen Black Edition. „Ich mag ihn nicht mit dem normalen Holz hinten, ich mag ihn pur“, sagt Treutlein beiläufig. Darüber hängt ein Werk aus der Kunstagentur von Dorothee Achenbach, denn „ein Raum ohne Kunst ist für mich nur ein halber Raum“. In Treutleins Raumkreationen wird diese Kunst zum Teil eines Gesamtkunstwerks, das sich mit Worten kaum fassen lässt. Man muss es sehen, hören, fühlen, riechen.
Die Geiz-ist-geil-Phase ist vorbei. Die Menschen wollen Unikate, sie wollen Service, sie wollen persönliche Beratung.
Patrick Treutlein
Da die Wohnmärchen im Showroom zu schön sind, um wahr zu sein, wagt man kaum zu fragen, was es kostet, sie wahr zu machen. Treutlein ist um die Antwort nicht verlegen: „Hochwertig heißt nicht teuer! Bei uns kommen auch Leute rein, die einen Hocker für 35 Euro beziehen lassen.“ Nach oben ist die Skala allerdings offen: Das teuerste Ausstattungsprojekt in Düsseldorf hat 2,5 Mio. Euro gekostet. Doch Treutlein weiß: „Jetzt merken die Leute, dass Geiz doch nicht so geil ist. Weil sie die Defizite erlebt haben. Heute findet ein Umdenken statt. Die Menschen kaufen wieder bewusst ein. Sie wollen Unikate, sie wollen Service, sie wollen persönliche Beratung.“ Diesen Service bietet Treutlein konkurrenzlos günstig an. Womit er neben seinen fünf Sinnen einen ausgeprägten Geschäftssinn beweist. Was ihm 2016 den Titel „Unternehmer des Jahres“ im Mittelstandsverband Neuss eingetragen hat. Lorbeeren, auf denen er sich nicht ausruht, sondern die er als Ansporn für das nächste Jahr begreift: „Das nächste Jahr wird ein Arbeitsjahr.“
Sie dürfen sich hingegen gerne auf Patrick Treutleins „Lorbeeren“ ausruhen. Oder noch besser: sie mit allen Sinnen genießen. Im Showroom auf der Dorfstraße 13. oder im Home of Sleep ein paar Häuser weiter. Da, wo die Sinne wohnen.
Einen kleinen Vorgeschmack holen Sie sich unter http://www.patrick-treutlein.de/
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