Pilotprojekt in Düsseldorf: wie automatisiertes Fahren bald Normalität in der Landeshauptstadt werden könnte.
Automatisiertes Fahren wird unsere Mobilität revolutionieren. In Düsseldorf wurde die Technologie des autonomen Fahrens auf einer Teststrecke erprobt und die Herausforderungen genauer unter die Lupe genommen. Wie die Tests abliefen, welche Ergebnisse erzielt wurden und wann automatisiertes Fahren in unserer Stadt zur Normalität werden könnte, erfahren Sie in diesem Artikel.
Stellen Sie sich vor, Ihr Fahrzeug fährt selbstständig durch die Stadt und kommuniziert dabei mit anderen Fahrzeugen sowie der Infrastruktur. Wenn eine Ampel auf Rot springt, empfängt Ihr Auto ein Signal und reduziert automatisch die Geschwindigkeit, um anzuhalten. Während der Fahrt sammelt es Daten von seinen Sensoren und tauscht diese Informationen mit anderen Fahrzeugen aus, um einen sicheren Abstand zu halten und potenzielle Gefahren zu vermeiden.
Das klingt für viele noch wie ein Konzept aus einem Science-Fiction-Film, ist aber mittlerweile greifbare Realität. Doch was genau bedeutet automatisiertes Fahren und wie funktionieren vernetzte Fahrzeuge, die diese Technologie unterstützen?
Beim automatisierten Fahren geht es um Fahrzeuge, die ihre Umgebung wahrnehmen, Entscheidungen treffen und ohne menschliches Eingreifen fahren können.
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Wenn diese Fahrzeuge untereinander vernetzt sind, können sie Informationen austauschen, um Staus zu vermeiden, Fahrzeiten zu optimieren und so die Effizienz des Straßenverkehrs zu erhöhen.
Mit jedem Automatisierungsgrad, den Forschung und Entwicklung erreichen, werden die Systeme komplexer und der Bedarf an menschlichen Eingriffen sinkt.
Dabei bringt die Automatisierung nicht nur mehr Komfort für Sie als Fahrer:in, sondern auch einen erheblichen Sicherheitsgewinn für unsere Straßen – denn menschliches Versagen ist eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle.
Die Vernetzung intelligenter Fahrsysteme ist daher die Basis für eine sichere und effiziente Verkehrsinfrastruktur, die automatisiertes Fahren erst möglich macht.
Die Automatisierung des Fahrens wird in fünf Stufen eingeteilt, die den Fortschritt von einfachen Fahrassistenzsystemen hin zu vollständig autonomen Fahrzeugen beschreiben:
Stufe 0 – Keine Automatisierung: Die Person am Steuer hat die volle Kontrolle über das Fahrzeug. Es gibt keine Eingriffe durch Automatisierungssysteme, lediglich einfache Warnsysteme, die die Fahrer:innen bei Gefahr warnen können.
Stufe 1 – Assistiertes Fahren: In dieser Stufe kommen erste Assistenzsysteme zum Einsatz. Diese unterstützen den Menschen, zum Beispiel durch einen adaptiven Tempomaten, der die Geschwindigkeit des Fahrzeugs automatisch an den Verkehr anpasst, oder durch einen Spurhalteassistenten. Die Person am Lenkrad muss jedoch stets aufmerksam bleiben und die Kontrolle behalten.
Stufe 2 – Teilautomatisiertes Fahren: Auf diesem Level der Automatisierung können Fahrzeuge unter bestimmten Bedingungen selbstständig lenken, beschleunigen und bremsen. Ein bekanntes Beispiel ist der Autopilot von Tesla. Obwohl das System bereits viele Aufgaben übernimmt, muss der:die Fahrer:in jederzeit bereit sein, die Kontrolle zu übernehmen.
Stufe 3 – Hochautomatisiertes Fahren: Das Fahrzeug übernimmt unter bestimmten Bedingungen, z. B. auf Autobahnen, die vollständige Kontrolle. Als Fahrer:in müssen Sie das System nicht ständig überwachen und können sich dem Verkehr teils abwenden. Doch auch hier sollten Sie noch jederzeit bereit sein, die Steuerung auf Aufforderung des Systems wieder zu übernehmen. Diese Stufe entspricht dem heutigen Stand der Technik.
Stufe 4 – Vollautomatisiertes Fahren: Auf dieser Stufe kann das Fahrzeug in den meisten Fahrsituationen auch ohne Eingreifen des Menschen selbstständig fahren und muss dabei nicht von einer physisch anwesenden Person überwacht werden. Alle Fahrzeuginsassen werden dadurch zu Passagier:innen. Sie können sich während der Fahrt anderen Tätigkeiten widmen oder sogar schlafen. Eine externe technische Aufsicht kann die Person am Steuer komplett ersetzen. Das System ist ab diesem Level außerdem dazu in der Lage, das Auto selbstständig sicher zu parken, wenn eine Rückmeldung der Insassen oder der technischen Aufsicht ausbleibt.
Stufe 5 – Autonomes Fahren: Dies ist die höchste Stufe der Automatisierung, bei der das Fahrzeug in allen Situationen und unter allen Bedingungen vollständig autonom fährt. Die Überwachung durch einen Menschen ist nicht mehr erforderlich. Das System ist auch in komplexen Situationen dazu in der Lage, selbstständig zu fahren – auch ganz ohne Insassen.
An der stark befahrenen Kreuzung Herzogstraße / Elisabethstraße in Düsseldorf wurde ein wegweisendes Pilotprojekt zum automatisierten Fahren umgesetzt: „Kooperative Mobilität im digitalen Testfeld Düsseldorf“ (KoMoDnext). Mit der etwa 20 Kilometer langen Teststrecke sollten die Voraussetzungen für das automatisierte Fahren der Stufe 4 geschaffen werden, bei dem Fahrzeuge ohne menschliches Eingreifen selbstständig fahren können. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) förderte die von Januar 2020 bis März 2022 laufende Testphase, die in der Form bislang einzigartig in Deutschland ist. Zu den Projektpartnern zählen unter anderem die Landeshauptstadt Düsseldorf, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Vodafone GmbH und die RWTH Aachen.
Die Tests im Rahmen von KoMoDnext konzentrierten sich speziell auf die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen und der städtischen Infrastruktur. Die Kreuzung Herzogstraße / Elisabethstraße wurde dafür als Testfeld ausgewählt, da hier verschiedene komplexe Verkehrssituationen untersucht werden konnten. Darüber hinaus erstreckt sich die Testumgebung über den Rheinalleetunnel, die B7, das Autobahnkreuz Kaarst und die A52 bis zum Autobahnkreuz Meerbusch. Die Strecke deckt insgesamt fünf verschiedene Anwendungsfälle ab:
Die Fahrzeuge, die beim Pilotprojekt zum Einsatz kamen, sind mit modernster Sensorik ausgestattet, mit der sie ihre Umgebung genau erfassen können. Zusätzlich erhielten sie über sogenannte Road Side Units (RSU) wichtige Verkehrsdaten. Die RSUs sind Funkmodule, die an den Ampeln entlang der Teststrecke installiert wurden und in Echtzeit mit Fahrzeugen kommunizieren können. So lassen sich verschiedene Daten über die aktuelle Verkehrssituation, die Wetterbedingungen und den Status der Ampeln übermitteln. Diese Vernetzung ermöglicht eine präzise und sichere Navigation der Fahrzeuge.
Die bisherigen Ergebnisse des Projekts sind vielversprechend: Die Tests haben bestätigt, dass automatisierte Fahrzeuge unter realen Verkehrsbedingungen zuverlässig funktionieren. Die Testfahrzeuge haben die Strecke mithilfe der Infrastrukturdaten automatisiert und unter realen Bedingungen befahren. Gleichzeitig lieferten die Autos Daten, mit denen der Verkehr in Tunneln oder an Ampeln gesteuert werden kann. Durch eine modellgestützte Analyse konnten zudem die Auswirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens auf das gesamte Verkehrssystem untersucht werden. Diese und weitere wertvolle Erkenntnisse sind entscheidend, um die notwendigen Anpassungen der Infrastruktur zu planen und die Vorteile dieser Technologie voll auszuschöpfen. Das Pilotprojekt in Düsseldorf zeigt eindrucksvoll, welches Potenzial die Zukunft der Mobilität bietet.
Automatisiertes Fahren basiert auf einer Vielzahl fortschrittlicher Technologien und einer gut ausgebauten Infrastruktur. Beide Komponenten müssen Hand in Hand gehen, um ein sicheres und effizientes Fahrerlebnis zu ermöglichen.
Ein vernetztes Fahrzeug ist ein Auto, das über verschiedene Kommunikationssysteme mit anderen Fahrzeugen und der Infrastruktur verbunden ist. Diese Kommunikation erfolgt in Echtzeit und ermöglicht es den Fahrzeugen, wichtige Informationen (Verkehrslage, Wetterbedingungen, Hindernisse usw.) auszutauschen. Die wichtigsten Technologien in diesen Systemen sind:
Road Side Units (RSUs): Diese Geräte werden an Ampeln, Verkehrsschildern und anderen Verkehrseinrichtungen installiert. Sie sammeln und senden Daten, die für das automatisierte Fahren relevant sind, etwa Informationen über den Verkehrsfluss, Ampelphasen und mögliche Gefahren.
V2X-Kommunikation: Die Vehicle-to-Everything (V2X)-Technologie ermöglicht den Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen (Vehicle-to-Vehicle, V2V) sowie zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur (Vehicle-to-Infrastructure, V2I). Durch diese Kommunikation können intelligente Fahrzeuge über Ereignisse wie Unfälle oder Staus informiert werden und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Sensoren und Kameras: Automatisierte Fahrzeuge sind mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet, darunter Lidar (Erfassung der Umwelt durch Lichtimpulse), Radar und Kameras. Diese Sensoren erkennen andere Fahrzeuge, Fußgänger:innen, Verkehrsschilder und vieles mehr.
Automatisiertes Fahren erfordert nicht nur hochentwickelte Technologien im Fahrzeug selbst, sondern auch eine unterstützende Infrastruktur. Diese umfasst:
Intelligente Ampeln: Ampeln, die mit RSUs ausgestattet sind, können Informationen über die verbleibende Zeit bis zur nächsten Grün- oder Rotphase an die Fahrzeuge senden. Dadurch können die Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit anpassen – für einen möglichst reibungslosen Verkehrsfluss.
Verkehrszentralen: Zentrale Steuerungseinheiten sammeln Daten aus verschiedenen Quellen, werten sie aus und senden entsprechende Anweisungen an die Fahrzeuge. In den Zentralen können dadurch Verkehrsströme in Echtzeit überwacht und optimiert werden.
Digitale Karten und GPS: Hochpräzise digitale Karten sind für die Navigation automatisierter Fahrzeuge unerlässlich. Zusammen mit GPS-Daten ermöglichen sie eine genaue Positionsbestimmung und Routenplanung.
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Automatisiertes Fahren ist ein spannendes und zukunftsweisendes Thema, das viele Chancen, aber auch einige Risiken birgt.
Erhöhte Verkehrssicherheit: Automatisierte Fahrzeuge können dank präziser Technologien menschliches Fehlverhalten, eine der Hauptunfallursachen, minimieren. Weniger Unfälle bedeuten gleichzeitig weniger Verletzte und Verkehrstote. | |
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Risiken | Technische Herausforderungen: Die Technik hinter automatisierten Fahrzeugen ist komplex und bisher nicht vollends ausgereift. |
Effizienter Verkehrsfluss: Vernetzte Fahrzeuge tauschen Informationen in Echtzeit aus und tragen dadurch zu einem flüssigeren Verkehrsfluss und weniger Staus bei. | |
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Risiken | Sicherheitsbedenken: Vernetzte Fahrzeuge sind potenzielle Ziele für Cyber-Angriffe. Hacker könnten die Kontrolle über Fahrzeuge übernehmen oder sensible Daten stehlen. |
Umweltfreundlichkeit: Durch optimiertes Fahren und die Integration von Elektrofahrzeugen reduziert sich der CO2-Ausstoß. Automatisierte Fahrzeuge können außerdem effizientere Routen planen, um den Kraftstoffverbrauch zu minimieren. | |
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Risiken | Rechtliche und ethische Fragen: Wer haftet, wenn ein automatisiertes Fahrzeug einen Unfall verursacht? Diese und andere rechtliche Fragen müssen geklärt werden. Hinzu kommen ethische Dilemmata, z. B. die Priorisierung von Leben in einer Unfallsituation. |
Komfort und Bequemlichkeit: Als Fahrer:in können Sie sich während der Fahrt anderen Tätigkeiten wie Lesen oder Arbeiten widmen. | |
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Risiken | Verlust von Arbeitsplätzen: Die Einführung automatisierter Fahrzeuge könnte zum Verlust von Arbeitsplätzen führen, insbesondere im Transport- und Logistiksektor. |
Mobilität für alle: Automatisierte Fahrzeuge können Menschen, die aufgrund ihres Alters oder einer Behinderung nicht mehr selbst fahren können, eine neue Mobilitätsoption bieten. | |
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Risiken | Kosten: Die Entwicklung und Einführung der Technologie ist teuer. Die Kosten könnten an die Nutzer:innen weitergegeben werden, wodurch die Nutzung der neuen Technologien für die breite Bevölkerung weniger erschwinglich wird. |
Die Zukunft des automatisierten Fahrens rückt näher. In Düsseldorf nicht zuletzt dank intensiver Forschung und praktischer Erprobung im Projekt KoMoDnext. Die Testphase hat gezeigt, dass automatisiertes und vernetztes Fahren unter realen Bedingungen möglich ist und Vorteile für die Verkehrssicherheit und -effizienz bieten kann. Damit automatisiertes Fahren in Düsseldorf und anderen Städten tatsächlich Realität werden kann, bedarf es aber nicht nur technologischer Fortschritte, sondern auch entsprechender gesetzlicher Rahmenbedingungen. Deutschland und die EU haben bereits wichtige Schritte unternommen, um den rechtlichen Weg für das automatisierte Fahren zu ebnen: Im Januar 2021 ist ein Gesetz in Kraft getreten, das den Betrieb automatisierter Fahrzeuge (Level 3) im öffentlichen Straßenverkehr erlaubt.
Düsseldorf ist mit dem Projekt KoMoDnext bereits Vorreiter beim vernetzten und automatisierten Fahren. Die gewonnenen Erkenntnisse kann die Stadt nutzen, um die Infrastruktur für vernetztes Fahren kontinuierlich auszubauen und zu verbessern. Dazu gehören aber auch weitere Investitionen in intelligente Verkehrssysteme und die Förderung der für das automatisierte Fahren notwendigen Kommunikationstechnologien. Die Vision, dass automatisierte Fahrzeuge in den nächsten Jahren zunehmend das alltägliche Straßenbild Düsseldorfs prägen, wird dank fortschreitender Technologien und entsprechender Gesetze schon bald gelebte Realität sein. Bis dahin gilt es, die aktuellen Herausforderungen zu meistern, um das Potenzial dieser Technologie voll auszuschöpfen.
Joachim Gerloff • 7. November 2023