Wie technische Hilfsmittel und digitale Kommunikation aus einem gewöhnlichen Stromnetz ein Smart Grid machen.
Als Smart Grid (dt. „intelligentes Stromnetz“) bezeichnet man ein Energiesystem, das mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien verknüpft ist. Wir erklären, was genau dahintersteckt und warum Smart Grids so wichtig für die Energiewende sind.
Gewöhnliche Stromnetze transportieren Strom von einzelnen Kraftwerken an zahlreiche Steckdosen – ähnlich wie beim traditionellen Schulunterricht, bei dem eine Lehrperson Wissen an viele Schüler:innen im Klassenraum weitergibt. Mittlerweile gilt dieser Frontalunterricht als veraltet – und so auch die Energieversorgung, bei der der Strom nur in eine Richtung fließt. Vielmehr spielt in den Schulklassen mittlerweile der gegenseitige Austausch der Schüler:innen eine entscheidende Rolle: In Projektarbeiten kommunizieren die Kinder und Jugendlichen untereinander und konsumieren nicht mehr nur Wissen, sondern produzieren auch selbst neue Erkenntnisse. Moderne Smart Grids funktionieren nach dem gleichen Prinzip, indem die Konsument:innen beispielsweise mit einer Photovoltaikanlage auf dem Hausdach selbst auch zu Produzent:innen werden (zu sogenannten Prosumern). Der Vorteil hierbei: Die Energieversorgung wird dezentralisiert und somit klimafreundlicher.
Intelligente Stromnetze transportieren neben Energie auch Daten und ermöglichen so eine wechselseitige Kommunikation aller Beteiligten. Bei einem Smart Grid werden sämtliche Teilnehmende dafür digital miteinander verknüpft. Durch moderne Kommunikationstechnologien sind die vernetzten Komponenten in der Lage, Informationen in Echtzeit auszutauschen. So können beispielsweise Stromerzeuger mit Stromverbraucher:innen (und umgekehrt) kommunizieren. Das hat den Vorteil, dass die Stromnetze jederzeit auf Angebot und Nachfrage reagieren und sie so eine stabile Energieversorgung sicherstellen können.
Mit dem Wechsel zu erneuerbaren Energien geht das Risiko einer unbeständigen Stromversorgung einher. Denn Photovoltaikanlagen produzieren nur dann Strom, wenn die Sonne scheint, und Windanlagen sind auf kräftige Winde angewiesen. An einem bewölkten, windstillen Tag können diese Anlagen daher kaum bis gar keinen Strom erzeugen. Hinzu kommt der immer höhere Stromverbrauch von Elektrofahrzeugen im Alltag, die Strom zum Laden benötigen. Smart Grids erkennen das Problem rechtzeitig und sind in der Lage, Energie von anderen Quellen wie von Biogasanlagen oder aus Stromspeichern zu den Verbraucher:innen zu leiten, sodass die Energieversorgung jederzeit gewährleistet ist.
Auf Seiten der Verbraucher:innen kommen für die Kommunikation moderne Smart Meter zum Einsatz, die anstelle von herkömmlichen Stromzählern treten. Smart Meter sind intelligente Messgeräte, mithilfe derer die Zählerstände digital ausgelesen werden können. Zusätzlich zur modernen Kommunikation setzt das Smart Grid – im Vergleich zum traditionellen Stromnetz mit wenigen zentralen Energieerzeugern – auf den Einsatz mehrerer kleiner und dezentraler Erzeuger.
Übrigens: Smart Grids gibt es schon eine ganze Weile – etwa in den Transportnetzen mit großen Hochspannungsleitungen. Benötigt werden Smart Grids jedoch auch in den unterlagerten Stromebenen, zum Beispiel in Anwohnergebieten.
Stromerzeugung: Fossile Kraftwerke, Solar- oder Windparks erzeugen die Energie.
Übertragungs- und Verteilnetz: Sowohl der Strom als auch die Daten werden über ein großflächiges Netz verteilt bzw. übertragen. Alle Elemente des Smart Grids sind dadurch miteinander vernetzt.
Zentrales Rechenzentrum: In der Zentrale laufen die Daten und Informationen zusammen. Aus den Daten der aktuellen Stromverbräuche lassen sich hier zuverlässige Prognosen erstellen.
Verbraucher:innen: Smart Homes gewährleisten die Kommunikation zwischen Verbraucher:innen und Stromerzeugern. Haushalte mit eigener Energieerzeugung ermöglichen den Verbraucher:innen zudem eine aktive Teilnahme am Stromsystem.
Smart Meter sind digitale Stromzähler, mit denen selbstständiges Ablesen der Zählerstände überflüssig wird. In immer mehr Haushalten kommt Smart Metering bereits zum Einsatz und trägt dadurch maßgeblich zur Digitalisierung der Energiewende bei.
Innerhalb eines Smart Grids werden Informationen und Daten über den Stromverbrauch und die Übertragung in Echtzeit ausgetauscht. Die Kommunikation dient dazu, eine zuverlässige und effiziente Stromversorgung sicherzustellen. Dabei besteht das Kommunikationsnetzwerk, über das Daten übermittelt werden, aus drahtlosen und drahtgebundenen Technologien. Durch smarte Geräte, beispielsweise die Smart Meter im Haushalt der Endverbraucher:innen, wird ein wechselseitiger Datenaustausch in Echtzeit möglich.
Die Steuerung des Smart Grids erfolgt über ein zentrales Rechenzentrum – in der Regel vollkommen automatisiert. Sämtliche Echtzeitdaten laufen in der Zentrale zusammen und werden dort verarbeitet. Dazu zählen insbesondere die aktuellen Stromverbräuche, konkrete Zahlen zur Stromerzeugung und jeweilige Betriebszustände. Die Daten dienen dem intelligenten Energienetz als Basis für Entscheidungen. Sobald im Smart Grid eine Überlastung erkannt wird, wird die Stromversorgung automatisch reduziert und das Netz entlastet. Andersherum ist das Smart Grid auch in der Lage, die Stromversorgung zu erhöhen, um einer gesteigerten Nachfrage gerecht zu werden.
Bei Bedarf kann in einem Smart Grid ein Energiespeicher eingebunden werden, in dem überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien gespeichert wird. Die gespeicherte Stromenergie lässt sich dann bei erhöhter Nachfrage jederzeit wieder ins Netz einspeisen (Netzdienlichkeit). So geht keine Energie verloren. Diese Möglichkeit der Speicherung ist vor allem für erneuerbare Energien und die mit ihnen verbundenen natürlichen Schwankungen wichtig.
Im Zuge der Energiewende in Deutschland findet die Abkehr von fossilen Energieträgern und gleichzeitig der Ausbau erneuerbarer Energien wie Windkraft, Biomasse und Solarenergie statt. Alle drei gelten als essenziell für eine nachhaltige Energieversorgung. Herkömmliche Stromnetze sind jedoch auf einen gleichmäßigen und beständigen Stromfluss ausgelegt, den die grünen Energiequellen nicht mit sich bringen. Ein häufiges Argument gegen die Energiewende, das jedoch schnell abgewendet werden kann, wenn das Smart Grid ins Spiel kommt. Es verspricht eine dauerhaft stabile Energieversorgung – auch wenn Windstille herrscht und der Himmel bewölkt ist.
Das intelligente Netz ist in der Lage, Leistungsschwankungen auszugleichen. Es sammelt wertvolle Informationen zu unserem Stromverbrauch, sodass sich Stromerzeugung, -verteilung und -speicherung effizient koordinieren lassen. Insbesondere im Hinblick auf den erwartungsgemäß erhöhten Strombedarf der Zukunft, stellt das Smart Grid somit die ideale Lösung für diverse mit dem Vormarsch erneuerbarer Energien einhergehende Herausforderungen dar.
Hinzu kommt, dass auch Elektrofahrzeuge zukünftig eine immer größere Rolle für unsere Mobilität spielen und dank der emissionsfreien Funktionsweise ihren Teil zur Energiewende beitragen werden. Umso besser, dass sie sich gut in das intelligente Stromnetz integrieren lassen und dieses sogar unterstützen können.
E-Roller, Elektroautos und andere mit Strom betriebene Fahrzeuge können wie bei der herkömmlichen Stromversorgung einfach über das Smart Grid aufgeladen werden. Doch der besondere Vorteil eines intelligenten Stromnetzes besteht darin, dass E-Autos selbst Strom ins Netz einspeisen können.
Das Prinzip dahinter ist denkbar einfach: Besteht im Stromnetz ein Überschuss an Energie, lässt sich diese in den Batterien der E-Autos speichern. Dafür muss das jeweilige Fahrzeug lediglich über eine Wallbox mit dem Smart Grid verbunden sein.
Die Energiespeicherung ist eine effiziente Lösung, um überschüssige Energie nicht ungenutzt zu lassen. Welche Technologien beim Speichern zum Einsatz kommen und welche Vorteile sich daraus ergeben, erfahren Sie hier.
Im Zuge der Energiewende möchte sich Deutschland bestmöglich von Energiequellen wie Erdöl und -gas lösen und stattdessen auf umweltfreundliche Energieträger setzen. Um dieses Ziel zu erreichen, führt an Smart Grids beinahe kein Weg vorbei. Ihre intelligenten Technologien und Steuerungsmechanismen gewährleisten Stabilität für ein Netz, das seine Energie unter anderem aus unbeständigen Quellen wie Windkraft bezieht. In einigen Regionen Deutschlands wurden Smart Grids im Rahmen des Förderprogramms „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“ (kurz „SINTEG“) deshalb bereits umgesetzt. Dort kristallisierten sich in einer Art Reallabor Musterlösungen für die Installation intelligenter Stromnetze heraus, von denen auch künftige Umsetzungen profitieren werden.
Matthias Hausmann • 15. November 2024
Matthias Hausmann • 4. Oktober 2024