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Eine Solaranlage steht vor zwei Strommasten auf einem Feld. © lingqi xie / Moment via Getty Images

Sektorenkopplung treibt die Energiewende voran

Durch die Kopplung verschiedener Sektoren kann Energie intelligent und nachhaltig zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingesetzt werden.


Matthias Hausmann|8. April 2024

In diesem Artikel betrachten wir die Verbindung verschiedener Energiesektoren wie Strom, Wärme und Mobilität und beleuchten, wie deren Kopplung zu einer optimierten und umweltfreundlichen Energieversorgung der Zukunft beiträgt.

Was bedeutet Sektorenkopplung?

Um fossile Brennstoffe wie Kohle, Gas und Benzin im Rahmen der Energiewende langfristig zu ersetzen, muss Energieversorgung neu gedacht werden. Denn erneuerbare Energien unterliegen Schwankungen, die dazu führen, dass entweder nicht ausreichend oder zu viel Strom erzeugt wird – je nachdem, ob der Wind die Windräder antreibt und die Sonne auf Photovoltaikanlagen scheint oder nicht. Außerdem sind einzelne Bereiche wie der Mobilitätssektor bisher nicht ausreichend auf die Nutzung erneuerbarer Energien ausgerichtet. Hier kommt die Sektorenkopplung als ganzheitlicher Lösungsansatz ins Spiel.

Bei der Sektorenkopplung (auch Sektorkopplung) geht es darum, die Sektoren Strom, Wärme, Industrie und Verkehr intelligent miteinander zu verknüpfen und gemeinsam zu optimieren, um eine effiziente und nachhaltige Energieversorgung zu realisieren. Kern der Sektorenkopplung ist die Idee, dass der Zusammenschluss die Schwankungen ausgleicht, indem überschüssige Energie aus einem Sektor in einem anderen sinnvoll genutzt wird. Ein Beispiel: Überschüssiger Strom aus Windkraft kann durch das Power-to-Heat-Verfahren in Wärmeenergie umgewandelt und dann beispielsweise zum Heizen verwendet werden (die Sektoren Strom und Wärme greifen ineinander). Das Ziel der Sektorenkopplung ist es, erneuerbare Energien langfristig in allen Bereichen zu etablieren und dadurch die Nutzung und Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren.

Potenziale und Herausforderungen der Sektorenkopplung im Überblick

- erhöhte Energieeffizienz
Nachteile- hoher Anfangsaufwand und Investitionskosten
- Reduktion von CO2-Emissionen
Nachteile- Infrastrukturanpassungen notwendig
- Verbesserte Energieversorgungssicherheit
Nachteile
- Förderung erneuerbarer Energien
Nachteile
- Volkswirtschaftliche Vorteile (langfristige Kosteneinsparungen durch effizientere Energieverwendung und geringere Abhängigkeit von Energieimporten)
Nachteile

Wie funktioniert die Sektorenkopplung? Beispiele für eine gelungene Umsetzung

Auf einer weitläufigen Wiese stehen zahlreiche Windräder, die grünen Strom erzeugen.
Überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien wie Windkraft kann dank der Sektorenkopplung beispielsweise in Heizwärme umgewandelt und effizient genutzt werden. © WillSelarep / E+ via Getty Images

Bei der Verknüpfung verschiedener Sektoren kommen unterschiedliche Prinzipien zum Einsatz:

  • Energieumwandlung: Überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien wird in Wärme oder in chemische Energie in Form von Wasserstoff (Power-to-Gas) umgewandelt.

  • Energiespeicherung: Um überschüssige Energie bei Bedarf nutzen zu können und dadurch die Schwankungen bei der Erzeugung erneuerbarer Energien auszugleichen, kommen im Rahmen der Sektorenkopplung Energiespeicher zum Einsatz. Diese unterstützen das System, beispielsweise in Form von Batteriespeichern für elektrische Energie, Wärmespeichern oder Gasspeichern.

  • Energieflexibilität und -management: Intelligente Steuerung und Vernetzung sorgen dafür, dass Energie dort genutzt wird, wo und wann sie am meisten gebraucht wird. Die Sektorenkopplung schlägt so beispielsweise eine Brücke zwischen den Sektoren Industrie und Strom. Herrscht in der Industrie ein flexibler Stromverbrauch, so wird wiederum Flexibilität im Stromsektor geschaffen. Dies sorgt insgesamt für eine effizientere und nachhaltigere Energieversorgung. Zum Energiemanagement gehört auch die Überwachung und Steuerung von Angebot und Nachfrage durch Smart Grid-Technologien.

In Deutschland hat der Stromsektor in puncto Energiewende die Nase vorn: Laut Umweltbundesamt lag der Anteil der erneuerbaren Energien im Stromsektor im Jahr 2023 bei über 50 Prozent. Strom wird deshalb auch als „Erzeugungssektor“ bezeichnet. Der Ausbau erneuerbarer Energiequellen erhöht jedoch nicht nur den Anteil von umweltfreundlich erzeugtem Strom am Energiemix – ein Überschuss an Ökostrom eröffnet auch neue Möglichkeiten. Beispielsweise kann die schwankende Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie durch innovative Technologien wie Energiespeicher und intelligente Netze gemeistert werden, sodass eine sichere und nachhaltige Stromversorgung gewährleistet ist. In verschiedenen Energieumwandlungsverfahren (Power-to-X) kann der überschüssige Strom in andere Sektoren überführt werden. Diese betrachten wir im Folgenden einmal genauer.

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Wärmesektor: effiziente Nutzung überschüssiger Energie für die Wärmeerzeugung

Im Wärmesektor spielt die Nutzung überschüssiger Energie aus anderen Sektoren bei der Wärmeerzeugung und -verteilung eine entscheidende Rolle. Ein innovatives Beispiel hierfür ist die Power-to-Heat-Technologie, die beispielsweise in Form von Wärmepumpen zum Einsatz kommt. Die Wärmepumpen nutzen überschüssigen Strom – beispielsweise aus erneuerbaren Quellen wie Wind- oder Solarenergie –, um Wärme zu erzeugen. Mit diesem Prinzip lässt sich nicht nur die Energieeffizienz steigern – dank des Ökostroms kann gleichzeitig der CO2-Ausstoß reduziert werden. Außerdem lässt sich Wärme besser speichern als Strom, insbesondere bei der Langzeitspeicherung.

Ein weiteres Beispiel für effiziente Wärmeerzeugung ist das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), das nicht nur in der Müllverbrennungsanlage der Stadtwerke Düsseldorf bereits erfolgreich zum Einsatz kommt, sondern auch im Block Fortuna, der größten KWK-Anlage der Stadtwerke, erfolgreich praktiziert wird. Das Besondere daran ist die intelligente Nutzung der bei der Verbrennung entstehenden Wärme: Nach dem KWK-Prinzip wandelt das benachbarte Kraftwerk Flingern den bei der Müllverbrennung erzeugten Dampf in Strom und Fernwärme um. Dadurch wird die entstehende Abwärme nicht ungenutzt an die Umwelt abgegeben, sondern in wertvolle Energie umgewandelt. Die Müllverbrennungsanlage ist ein wichtiger Bestandteil der Sektorenkopplung in Düsseldorf: Die gewonnene Energie deckt elf Prozent des privaten Strombedarfs und rund zwanzig Prozent des Fernwärmebedarfs der Innenstadt. Durch die Verknüpfung der Anlage mit dem Kraftwerk sparen die Stadtwerke jedes Jahr rund 110.000 Tonnen CO2 ein.

Übrigens: Der kontinuierlich anfallende KWK-Strom aus dem Kraftwerk Flingern ist nicht nur eine tolle Alternative zu Strom aus PV- und Windkraftanlagen, die im urbanen Raum weniger praktikabel sind. Sein biogener Anteil eignet sich ideal für die Erzeugung von Wasserstoff. Aus diesem Synergieeffekt könnte wiederum der Mobilitätssektor profitieren.

Reflexion einer jungen Frau im Außenspiegel beim Laden eines Elektroautos in einem ländlichen Gebiet mit Windrädern im Hintergrund.
Power-to-X-Verfahren sind das Schlüsselprinzip hinter der Sektorkopplung – durch sie kann Ökostrom in andere Energieformen umgewandelt werden. © SimonSkafar / E+ via Getty Images

Verkehr: So profitiert der Mobilitätssektor von einer Sektorkopplung

Im Mobilitätssektor ist die Elektrifizierung von Fahrzeugen ein wichtiger Schritt, um CO2-Emissionen zu reduzieren und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Elektrofahrzeuge, die ihren Strom aus erneuerbaren Energiequellen beziehen, bieten eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Dies ist besonders in städtischen Gebieten relevant, wo Elektromobilität zur Verbesserung der Luftqualität und zur Lärmreduzierung beitragen kann. Ein weiterer innovativer Ansatz im Mobilitätssektor ist die Nutzung von Wasserstoff als Kraftstoff, der durch das Power-to-Gas-Verfahren gewonnen wird. Dabei wird überschüssiger Strom aus erneuerbaren Quellen genutzt, um Wasser in Wasserstoff umzuwandeln. Dieser Wasserstoff kann entweder direkt in Brennstoffzellenfahrzeugen genutzt oder in das Wasserstoffnetz eingespeist werden.

Der EUREF-Campus in Düsseldorf als Musterbeispiel für Sektorenkopplung

Ein Beispiel für die Sektorenkopplung ist der EUREF-Campus in Düsseldorf. Auf einer Fläche von über 80.000 Quadratmetern bietet der Campus Unternehmen, Start-ups und Forscher:innen Raum, um gemeinsam an zukunftsweisenden Technologien für Energie, Mobilität, Umwelt- und Klimaschutz zu arbeiten. In Kooperation mit Schneider Electric haben die Stadtwerke Düsseldorf den Campus zu einem „Reallabor der Energiewende“ gemacht. Das innovative Energiekonzept des EUREF-Campus basiert auf der Kopplung der Energiequellen Wasser, Sonne, Luft und Fernwärme. So nutzt der Campus unter anderem den angrenzenden Lichtenbroicher Baggersee als riesigen Wärmespeicher, der je nach Jahreszeit mit Hilfe von Wärmepumpen Wärme und Kälte liefert. 88 Solarmodule auf dem Dach und an der Fassade tragen ebenfalls zur nachhaltigen Stromerzeugung bei, während der Gebäudekomplex an kalten Tagen zusätzlich mit Fernwärme der Stadtwerke Düsseldorf versorgt wird. Das innovative Konzept des EUREF-Campus zeigt, wie verschiedene Energiequellen effizient und nachhaltig miteinander verknüpft werden können, um eine komplett CO2-neutrale Energieversorgung zu erreichen.

Neubau „Eclipse“

Mit dem innovativen Bauprojekt „Eclipse“ entstand in Düsseldorf eine energetische Gesamtlösung: In diesem Vorzeigeprojekt verschmelzen modernste Energieeffizienz und nachhaltiges Bauen zu einem zukunftsweisenden Konzept.

Zum Bauprojekt Eclipse

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