Ein Blick hinter die Kulissen der Pflanzenbeobachtung und des Phänologischen Gartens in Düsseldorf
Die Phänologie beschäftigt sich mit den jahreszeitlichen Entwicklungsphasen von Pflanzen wie Blüte und Blattfall. Für die Klimaforschung ist das ein wichtiger Ansatz, weil diese Stadien temperaturabhängig sind. Was genau hinter der Phänologie steckt und was der Phänologische Garten zusammen mit der Wetterstation Düsseldorf für einen wertvollen Beitrag zur Klimadatenerhebung leistet, erklären wir Ihnen hier.
Der Begriff Phänologie stammt aus dem Griechischen und lässt sich von dem Wort „phainein“ ableiten, was auf Deutsch übersetzt „sichtbar machen“ bedeutet. Somit ist die Phänologie genau genommen die Lehre der Erscheinungen. Dabei handelt es sich um die wissenschaftliche Erfassung von periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen und Tiere. Pflanzen stehen mehr im Fokus der Lehre, da sie sich leichter beobachten lassen als Tiere.
In der Phänologie werden die Eintrittszeiten charakteristischer Erscheinungen beobachtet und in einem phänologischen Kalender festgehalten. Bei Pflanzen werden die typischen Wachstumsstufen im Auge behalten und die Eintrittsdaten genau definierter Phasen notiert. Dazu gehören zum Beispiel der Beginn der Blüte oder der Blattentfaltung, die Reifung der Früchte sowie Blattverfärbungen und Blattfall. Nach dem phänologischen Kalender gibt es, anders als wir es gewohnt sind, zehn physiologisch-biologisch begründete Jahreszeiten.
Der Phänologische Garten in Düsseldorf gewährt uns einen exklusiven Einblick in die spannende Welt der Phänologie.
Ein Phänologischer Garten dient der Sammlung von phänologischen Daten. Diese geben Aufschluss darüber, wie sich bestimmte wildwachsende Pflanzen, Zier- und Nutzpflanzen im Jahresverlauf entwickeln. Das hilft auch Landwirten und Gärtnern bei der Arbeitsplanung. Der Zeitpunkt, an dem eine Entwicklungsphase eintritt, wird als Datum oder Tag seit Jahresbeginn notiert.
Werden die phänologischen Daten im Zusammenhang mit Klima- und Umweltfaktoren analysiert, ist deutlich zu erkennen, dass Pflanzen wichtige Messinstrumente für den Klimawandel sind. Indirekt informieren die Daten auch über die Bodeneigenschaften und Schädlinge, die die Pflanzen beeinflussen. Die Beobachter ergänzen ihre Einträge um entsprechende Kommentare dazu, wenn es erforderlich ist.
Phänologische Daten sind auch für Medien- und Reiseunternehmen oder für die Medizin bedeutend. Denn auf deren Grundlage lassen sich Klimatrends der Zukunft einschätzen und Reiseplanungen oder Gesundheitsvorsorge entsprechend den Veränderungen anpassen. Auch bei der Gartenarbeit kann der phänologischen Kalender helfen. Die Erfassung der Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien wird meist von ehrenamtlich tätigen Beobachtern, die vor Ort wohnen oder arbeiten, durchgeführt. Im Düsseldorfer Garten beobachten eigens geschulte Kräfte aus dem Kinderhilfezentrum
Der Phänologische Garten Düsseldorf und die Wetterstation Düsseldorf-City liegen an der Eulerstraße, auf dem Gelände des Kinderhilfezentrums im Stadtteil Pempelfort. Angelegt und errichtet wurde das Ensemble für Klimabeobachtung und Umweltbildung vom Umweltamt der Stadt. Am 7. Mai 2008 wurden es offiziell seiner Bestimmung übergeben. Mit dem Phänologischen Garten und den langfristig ausgerichteten Beobachtungen dort soll ein Beitrag zur Aufklärung über den weltweiten Klimawandel geleistet werden. Die Einrichtungen werden Besuchergruppen im Rahmen von Führungen zugänglich gemacht. Anfragen können per E-Mail an das Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz gerichtet werden.
Während die Wetterstation Düsseldorf elf meteorologische Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag misst, stehen im Phänologischen Garten die Phänomene der pflanzlichen Entwicklung im Fokus. Beobachterinnen kontrollieren während ihrer Rundgänge durch den Garten, ob Eintrittsdaten phänologischer Phasen, wie Knospung, Blüte, Blattaustrieb, Blattverfärbung, Blattfall oder der Fruchtreife bei den Zeigerpflanzen zu notieren sind – und das teilweise täglich. Unter Beobachtung stehen 32 Pflanzen, die sich auf circa 10.000 Quadratmetern verteilen. Einige Pflanzen wurden im April 2008 eigens angepflanzt, andere wiederum konnten aus dem Bestand ausgewählt werden. Pflanzen aus dem Bestand sind beispielsweise Löwenzahn, Forsythie, Birke, Schwarzer Holunder, ein Boskop-Apfelbaum und eine große Süßkirsche.
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Eigens angepflanzt wurden Pflanzen für das Untersuchungsprogramm GPM (Global Phenological Monitoring), wie Esskastanie, Mandel-, Apfel- und Birnbäumchen sowie Johannisbeersträucher. Im GPM sind nur erbgleiche Pflanzen zugelassen, die eine Baumschule in Süddeutschland liefert. Das erhöht die Vergleichbarkeit der Daten aus verschiedenen Phänologischen Gärten.
Die Messergebnisse der Wetterstation und die der Beobachter des Phänologischen Gartens gehen in wissenschaftliche Untersuchungsprogramme der Humboldt-Universität (GPM – Global Phenological Monitoring) in Berlin und des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach (DWD-Programm) ein. Da es den Phänologischen Garten in Düsseldorf erst seit 2008 gibt, sind noch keine sicheren Aussagen über den Standort möglich. Die Düsseldorfer Beobachtungsdaten können aber schon sinnvoll im Zusammenhang mit den Daten aus zahlreichen weiteren Phänologischen Gärten genutzt werden.
Im phänologischen Kalender gibt es zehn Jahreszeiten. Sie sind über die durchschnittlichen Eintrittsdaten der jahreszeitlichen Entwicklungsphasen typischer Zeigerpflanzen definiert. Der Unterschied zu dem astronomischen und meteorologischen Jahreszeitenkalender ist vor allem der, dass die Jahreszeiten nicht auf einen immer gleichen Zeitraum festgelegt sind. Sie richten sich nach den aktuellen Entwicklungen in der Natur, weshalb sie von Jahr zu Jahr und auch von Ort zu Ort variieren.
Im phänologischen Kalender sind folgende zehn Jahreszeiten vertreten, deren Beginn und Ende an den genannten Zeigerpflanzen zu erkennen ist :
Vorfrühling: Beginn mit der Blüte von Hasel, Märzenbecher und Schneeglöckchen; Ende mit Blüte der Salweide
Erstfrühling: Beginn mit der Blüte der Forsythie sowie von Beerensträuchern wie der Stachelbeere und Obstbäumen wie Kirsche, Pflaume und Birne, von Schlehe und Ahorn; Laubentfaltung von Birke und Buche
Vollfrühling: Blüte von Apfel, Flieder und Rosskastanie; Laubentfaltung von Eiche und Hainbuche
Frühsommer: Blüte von Holunder, Roggen, Robinie sowie Blütenhöhepunkt der Wiesen und Getreidefelder; am Ende des Frühsommers erste Heumahd
Hochsommer: Lindenblüte und Reife von Johannisbeere und Winterroggen
Spätsommer: Heideblüte, Reife von Holunder und Rosskastanie, Höhepunkt der Obsternte
Frühherbst: Herbstzeitlosenblüte, Reife von Holunder und Rosskastanie, Höhepunkt der Obsternte
Vollherbst: Kartoffelernte und allgemeine Laubverfärbung
Spätherbst: Zeit des allgemeinen Laubfalls und Abschluss der Vegetationszeit
Winter: Periode zwischen Ende der Vegetationszeit und Haselblüte; Winterbeginn mit dem Auflaufen des Winterweizens
Die Phänologie stößt zunehmend auf Interesse, da die Lehre sich als leistungsfähiges Werkzeug für Klima- und Wettermodelle herausgestellt hat. So lassen sich aus phänologischen Beobachtungen die Wirkungen des Klimawandels auf die Pflanzenwelt ablesen. Beobachtungen ausgewählter Zeigerpflanzen ermöglichen Rückschlüsse auf regionale, aber auch globale Klimaschwankungen beziehungsweise Klimaverschiebungen.
Wissenschaftliche Aussagen zum Klimawandel gelten nur dann als belegt, wenn lange Messreihen und große Datensätze zur Verfügung stehen. Die Weltorganisation für Meteorologie WMO hat als Klimanormalperioden 30-Jahres-Zeiträume festgelegt. Nur so können kurzzeitige Witterungsschwankungen ausgeschlossen werden.
Im Vergleich zu Messzeiträumen des 20. Jahrhunderts lassen sich für das 21. Jahrhundert folgende Einflüsse des globalen Klimawandels auf die Pflanzenentwicklung festhalten: Besonders die Frühjahrsphasen, wie Blüte und Blattaustrieb, sind stark von den veränderten Temperaturen betroffen. Sehr anschaulich zeigen das die Phänologischen Uhren des DWD. In dieser Phänologischen Uhr für die Mittlere Niederrheinebene (mit Düsseldorf) sind die Zeiträume 1961 bis 1990 und 1991 bis 2020 gegenübergestellt. Besonders auffällig von den zehn Phänologischen Jahreszeiten ist der Winter: Seine mittlere Dauer hat sich um 20 Tage verringert. Auch tritt die Leitphase für den Vorfrühling, die Haselblüte, deutlich früher ein: Sie sprang vom 12. Februar auf den 26. Januar vor (gemittelt über alle Daten jeweils beider 30-Jahres-Zeiträume).
Weitere Informationen zum Phänologischen Garten Düsseldorf und zu den städtischen Wetterstationen finden Sie auf folgenden Webseiten:
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