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Wenn es nach den Ideen der Factory-Campus-Macher geht, werden diese leeren Werkhallen bald schon modernste Coworking Spaces sein.

Factory Campus oder gemeinsam weniger allein arbeiten

Die GarageBilk war gestern, mit dem Factory Campus entsteht jetzt gewissermaßen der Coworking Space 2.0


Joachim GerloffJoachim Gerloff|14. Mai 2019

Coworking ist in. Auch in Düsseldorf entsteht an vielen Stellen diese etwas andere Art des Arbeitsplatzes. Wer allerdings meint, dahinter verberge sich eine neue Form des Großraumbüros, der irrt gewaltig. Tatsächlich sind Coworking Spaces so etwas wie Kreativ-Kombinate, in denen sich die Bewohner gegenseitig „befruchten“ sollen. Klingt abgedreht? Ja, ist es aber nicht.

Woher die Idee genau kommt, weiß niemand so genau. Wahrscheinlich aus den USA. Wie immer, wenn es um kreative Arbeitsumgebungen geht. Letztlich ist es aber egal – Coworking ist schon längst ein internationales Phänomen und gerade Freiberufler oder junge Start-ups lieben und leben den Gedanken. Denn Coworking Spaces sind eben nicht das klassische Großraumbüro. Dahinter verbirgt sich viel mehr. Der Ideenaustausch beziehungsweise die Kommunikation mit Menschen, die gerade in einer ähnlichen beruflichen Situation stecken, wird hier bewusst gefördert. Um somit die noch jungen Firmen oder die auf „Einzelkampf“ ausgebildeten Freiberufler in die Lage zu versetzen, eben mehr zu können als nur ihr Ding. Wobei auch immer öfter große Firmen Teams in Coworking Spaces „auslagern“ und schauen, wie sich der direkte Anschluss auf die „Pfiffigkeit“ auswirkt.

Networking steht im Vordergrund

Welche Vorteile Coworking hat, soll ein Beispiel verdeutlichen. Nehmen wir einen Texter, ein Start-up, einen Grafiker und einen jungen Anwalt, der gerade seine ersten Schritte macht. Im normalen Berufsalltag würden diese Vier jetzt alle vor sich hin werkeln. In getrennten Büros, an verschiedenen Standorten, auf der Suche nach dem nächsten Auftrag. Nicht so in einem Coworking Space. Hier kennen sich die „Mitglieder“, wissen um die Fähigkeiten des anderen. Heißt konkret – statt im Trüben zu fischen, wird das Start-up sicherlich auf den Anwalt im Nachbarbüro zugehen, wenn es juristische Unterstützung braucht. Denn man kennt sich, beispielsweise vom gemeinsamen Mittag. Oder hat von anderen Nutzern aus dem Coworking Space gehört, dass der junge Knabe sehr pfiffig ist. Anderes Szenario: Das Start-up benötigt zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Website. Hier greift es auf den Texter und den Grafiker von „um die Ecke“ zurück. Und so weiter. Aus vielen individuellen Leistungen entsteht im richtigen Moment so etwas wie eine Projektgruppe, die dann nach getaner Arbeit wieder aufgelöst wird. Der Vorteil: Durch das Zusammenziehen von unterschiedlichen Fachleuten und Fähigkeiten kann beispielsweise ein noch frisches Start-up auch solche Aufträge annehmen, für das es normalerweise nicht das Personal haben kann. Weil eben Start-ups in den meisten Fällen personell anders besetzt sind als ein Unternehmen. Im Ergebnis machen Coworking Spaces deren Bewohner also früher reif für den Markt. Denn neben Grafikern, Textern und Rechtsanwälten sind auch Webentwickler, IT-Fachleute und, und, und in Coworking Spaces zu finden. Und somit ist die Bandbreite der Unterstützung groß.

Der Vorteil eines Coworking Spaces – Zugriff auf Dinge, die sich ein kleines Start-up in der Regel nicht leisten kann oder will. Beispielsweise einen Konferenzraum mit allem, was das Herz begehrt.
Der Vorteil eines Coworking Spaces – Zugriff auf Dinge, die sich ein kleines Start-up in der Regel nicht leisten kann oder will. Beispielsweise einen Konferenzraum mit allem, was das Herz begehrt.

Spaß und Image gibt es obendrauf

Wer in einem Coworking Space sein Büro hat, der arbeitet zwar auf eigene Rechnung, aber eben nicht allein. Das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, beispielsweise beim Ideenaustausch. Wer einmal allein im Homeoffice gearbeitet hat, weiß, wie wichtig das Gespräch mit einem Kollegen sein kann. Ganz auf sich allein gestellt gehen Dinge wie Ideenfindung beispielsweise nicht so leicht von der Hand. Im Coworking Space sitzt der Sparringspartner meist um die Ecke. Auch die soziale Anbindung, das Gespräch mit den anderen Kreativen ist förderlich für die eigene Arbeit. Und bringt neben neuen Kontakten in den meisten Fällen auch Spaß. Und nicht nur das. Wer in einen Coworking Space einzieht, der bekommt eben mehr als nur einen Arbeitsraum. So hat er Zugriff auf Konferenzräume, eine Rezeption und eine Poststelle sowie auf eine IT-Infrastruktur vom Feinsten. Inklusive technischer Betreuung. Imagemäßig kann selbst ein Ein-Mann-Unternehmen mit so einer Unterstützung im Hintergrund auftreten wie eine etablierte Firma. Der große Vorteil: Die grundsätzlichen Dinge sind alle in den Mietkosten enthalten. Ein Konferenzraum inklusive Designerbestuhlung wird nur dann gemietet, wenn er wirklich gebraucht wird. Dadurch sind die Einsparungen bei den Mietkosten enorm. Geld, das gerade bei den ersten Schritten als Freiberufler, Start-up oder kleine Firma dringend für andere Dinge benötigt wird.

Factory Campus – die neue Art des Coworking Spaces

Doch genug der Theorie. Wie so ein Coworking Space aussehen und funktionieren kann, lässt sich an der Erkrather Straße 401 live miterleben. Auch wenn die Adresse neu ist, die Betreiber des dortigen Factory Campus sind gewissermaßen Pioniere in Sachen Coworking Spaces. So geht beispielsweise die GarageBilk auf das Konto von Factory-Campus-Geschäftsführerin Yvonne Firdaus. „In Bilk wurden Themen wie neue Arbeitskultur, Nachhaltigkeit und innovative Eventformate erstmalig im Düsseldorfer Raum angegangen und erfolgreich umgesetzt“, erzählt sie. Aber: So schön die GarageBilk auch war – mit 650 Quadratmetern war sie auf die Dauer einfach zu klein. Zu klein für die anspruchsvollen Pläne von Firdaus und ihrem Team. Die wollten die Entwicklung Düsseldorfs auch als Start-up-Metropole vorantreiben und suchten nach der geeigneten Fläche. Fündig wurden sie im Stadtteil Lierenfeld.

34.000 Quadratmeter für größere Chancen

Auf dem Areal der ehemaligen Recycling-Maschinenfabrik Metso entsteht jetzt ein nach eigenen Aussagen „kollaborierendes und hochgradig vernetztes Ökosystem auf großem Raum“. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen: 34.000 Quadratmeter sind eine stattliche Größe, mit der sich einiges anstellen lässt. Für die Macher entsteht hier nichts anderes als der Coworking Space 2.0. Kern der neuen Adresse wird der Future Campus sein, der in den alten Werkhallen entsteht. Auf der Campus Fläche wird es neben kleinteiligen modularen und flexiblen Büroeinheiten vom Schreibtisch bis zum Teambüro für vier Personen auch Flächen von insgesamt bis zu 800 Quadratmeter geben. Kleine wie wachsende Teams finden hier die Möglichkeit, flexibel und je nach Geschäftsentwicklung Raum hinzuzumieten. Gastronomie, Studios, Projekträume unterschiedlicher Größe und Ausstattung, Fitness- und Yogaräume, Friseur, Lounges, Ruheraum sowie Spieleraum runden das Angebot der Mikro-City ab. Im Charme der Industriekultur der alten Produktionshallen lassen sich Veranstaltungen, Konferenzen, Barcamps, Hackathons und vieles mehr ausrichten. Parkplätze sind zwar ausreichend vorhanden, dennoch wird ein eigenes Parkhaus gebaut. Damit der Campus autofrei bleibt.

Innovation kann nur gelingen, je interdisziplinärer man miteinander arbeitet.

Yvonne Firdaus • Geschäftsführerin Campus Factory

Factory-Campus-Geschäftsführerin Yvonne Firdaus in den noch leeren Hallen des Future Campus. Sie ist sehr zuversichtlich, dass der Leerstand nur eine vorübergehende Erscheinung ist. Sie geht davon aus, dass rund 1.000 Menschen hier in der nahen Zukunft arbeiten werden.
Factory-Campus-Geschäftsführerin Yvonne Firdaus in den noch leeren Hallen des Future Campus. Sie ist sehr zuversichtlich, dass der Leerstand nur eine vorübergehende Erscheinung ist. Sie geht davon aus, dass rund 1.000 Menschen hier in der nahen Zukunft arbeiten werden.

Im Moment gleicht der Factory Campus allerdings eher einer geschäftigen Baustelle als einem Innovationshub. Aber der Eindruck täuscht. Denn während die Hallen noch auf ihre Transformation in eine kreative Arbeitsumgebung warten, wurde in der ersten Bauphase das vierstöckige Verwaltungsgebäude der ehemaligen Fabrik umgebaut. Pionierhaus heißt es jetzt und dient als eine Art lebender Prototyp. „Wir versuchen zu sehen, was funktioniert und was nicht und wollen das dann schnell adaptieren“, erklärt Yvonne Firdaus. Das hier Gelernte fließt später in den Ausbau der Hallen. Wichtig ist ihr dabei auch die richtige Mischung der Mitglieder. Sie versteht den Factory Campus als einen Ort der Diversität. Eben nicht nur als ein Start-up-Hub oder Ort nur für Entwickler; eben kein Space, der nur Firmen aus speziellen Bereichen aufnimmt. Ihrer Meinung nach ist es gerade die Mischung von all diesem, die den Factory Campus – ebenso wie die GarageBilk – auszeichnet und von anderen Coworking Places abgrenzt. „Fachlicher Austausch ist wichtig, aber genauso der Blick über den Tellerrand“, sagt Firdaus über das Konzept. Ein Konzept, das offenbar zu stimmen scheint. Das Pionierhaus mit seinen rund 3.500 Quadratmetern ist komplett ausgebucht, die Warteliste sehr lang. Besonders schön: Rund 80 Prozent der GarageBilk-Mitglieder sind mitgezogen. Des einen Freud … Der Startschuss für den Factory Campus bedeutete auch das Ende der GarageBilk. Die Mutter aller Coworking Spaces in Düsseldorf weicht jetzt einem Neubauprojekt für Wohnungen.

Düsseldorf im harten Wettkampf um Start-ups

Der Factory Campus ist nicht nur Coworking Space, sondern auch ein wichtiger Bestandteil der Strategie, Düsseldorf als den Standort für Start-ups in Deutschland zu etablieren. Die Konkurrenten haben klangvolle Namen: Neben Berlin, Hamburg, München gehört auch unsere Nachbarstadt Köln dazu. Die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt setzt hier gezielt auf Frühphasenförderung sowie die Entwicklung von Start-ups, die bereits die ersten Schritte hinter sich haben. Und wo können sich diese Firmen ansiedeln und wachsen? Genau, auf dem Factory Campus. Denn dort herrscht eine schöne neue Coworking-Welt!

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